AG Onkologische Kardiologie

Immuntherapien – akute Myokardschädigung und Therapiealgorithmenvon Lars Michel und Matthias Totzeck, Essen  Die Immuncheckpoint-Inhibitortherapie (ICI-Therapie) hat die Behandlung von vielen fortgeschrittenen Krebserkrankungen entscheidend verbessert. Durch die Inhibition der Immuncheckpoints CTLA4 oder PD1 kann die ICI-Therapie eine lymphozytäre Immunreaktion gegen Tumorgewebe induzieren und führt bei verschiedenen fortgeschrittenen Krebserkrankungen zu einem verbesserten Überleben [1]. Die vermehrte Anwendung der ICI-Therapie hat jedoch zu einem vermehrten Auftreten ICI-assoziierter, auch kardialer Nebenwirkungen geführt. Die ICI-assoziierte Myokarditis wurde bisher in 1−2 % aller Patienten unter ICI-Therapie beschrieben, gilt jedoch mit einer Mortalität von bis zu 76 % als die gefährlichste Komplikation [2, 3, 4]. Die ICI-assoziierte Myokarditis tritt meist in der frühen Therapiephase (<6 Wochen nach Therapiebeginn) auf. Patienten zeigen typischerweise einen schweren klinischen Verlauf mit hochgradiger Einschränkung der linksventrikulären Funktion und Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung [5, 6]. Potenzielles Ziel für therapeutische Intervention identifiziert Wir konnten nun erstmalig in einem translatio­nalen Forschungsprojekt zur Kardiotoxizität des PD1-Immuncheckpoint-Inhibitors zeigen, dass es neben der Entwicklung einer fulminanten Myokarditis in einem großen Anteil von Patienten zu einer leichtgradigen, oft subklinischen myokardialen Dysfunktion in der frühen Therapiephase kommt. Patienten, die eine Therapie mit dem PD1-Inhibitor Nivolumab für malignes Melanom erhielten, zeigten vier Wochen nach Therapiebeginn in Ruhe und nach Stressbelastung einen Rückgang der linksventrikulären Ejektionsfraktion und des myokardialen Strains. Interessanterweise konnten auch bei Patienten, die mittels erweiterter Bildgebung hinsichtlich des Vorliegens einer Myokarditis evaluiert wurden, keine Zeichen einer manifesten Myokarditis gefunden werden. Im Tiermodell konnten wir analog zum Menschen eine moderate Einschränkung der linksventrikulären Funktion feststellen. Als potenziellen Pathomechanismus konnten wir eine myokardiale Infiltration mit CD4+ und aktivierten CD8+ T-Zellen identifizieren. Die CD8+ T-Zellen eignen sich in diesem Zusammenhang als potenzielles Ziel für eine therapeutische Intervention: Die Behandlung mit einem CD8+ T-Zell-depletierenden Antikörper konnte die Einschränkung der myokardialen Funktion unter PD1-ICI-Therapie aufheben. Prospektive Studien sind nun zum besseren Verständnis dieser subklinischen Form einer ICI-assoziierten Kardiotoxizität von entscheidender Bedeutung. Diagnostik und Therapie kardiovaskulärer Komplikationen Das Ziel der kardio-onkologischen Betreuung von Patienten unter ICI-Therapie ist das frühzeitige Erkennen und adäquate Behandeln von kardiovaskulären Komplikationen [5, 6]. Hierzu wird vor Therapiebeginn der kardiale Status erhoben und Risiken sowie Vorerkrankungen werden erfasst. Darüber hinaus erfolgt eine körperliche Untersuchung, ein EKG, eine Echokardiographie sowie die Erhebung der kardialen Biomarker Troponin und NT-proBNP [6, 7]. Einmalig innerhalb der ersten vier Wochen nach Therapiebeginn oder bei klinischem Verdacht auf Kardio­toxizität erfolgt eine erneute kardio-onkologische Vorstellung mit Echokardiographie und Erhebung von kardialen Biomarkern [6]. Eine Troponinerhöhung hat in diesem Zusammenhang eine Sensitivität von 94 % für das Vorliegen einer ICI-assoziierten Myokarditis, jedoch muss auch in diesem speziellen Patientenkollektiv initial ein akutes Koronarsyndrom an Hand der aktuellen Leitlinienempfehlungen ausgeschlossen werden. Das MRT sowie das PET-MRT können als ergänzende diagnostische Maßnahmen durchgeführt werden [2, 7, 8].  Die American Society of Clinical Oncology (ASCO) empfiehlt als Initialtherapie eine hoch­dosierte Kortiko­steroidtherapie (1−2 mg/kg Predni­sone) [9]. Bei ausbleibendem frühen Ansprechen kann eine Kombination mit Mycophenolat-Mofetil, Infliximab, oder Antithymozytenglobulin erwogen werden. Bei manifester Myokarditis wird eine permanente Beendigung der ICI-Therapie empfohlen. Möglicherweise kann die ICI-Therapie bei subklinischen Formen einer ICI-assoziierten Kardiotoxizität nach vier Wochen unter engmaschiger Überwachung wiederbegonnen werden, jedoch wurde ein solches Vorgehen bisher nicht prospektiv evaluiert [5]. Zukünftige klinische Studien und translationale Projekte sind unabdingbar als Basis für eine bestmögliche Behandlung von ICI-assoziierten kardiovaskulären Nebenwirkungen.     ReferenzenSchadendorf D, van Akkooi ACJ, Berking C et al. Melanoma. Lancet 2018;392:971−84.Mahmood SS, Fradley MG, Cohen JV et al. Myocarditis in Patients Treated With Immune Checkpoint Inhibitors. J Am Coll Cardiol 2018:24718.Moslehi JJ, Salem JE, Sosman JA et al. Increased reporting of fatal immune checkpoint inhibitor-associated myocarditis. Lancet 2018;391:933.Johnson DB, Balko JM, Compton ML et al. Fulminant Myocarditis with Combination Immune Checkpoint Blockade. N Engl J Med 2016;375:1749−1755.Lyon AR, Yousaf N, Battisti NML et al. Immune checkpoint inhibitors and cardiovascular toxicity. Lancet Oncol 2018;19:e447−e458.Totzeck M, Schuler M, Stuschke M et al. Cardio-oncology − strategies for management of cancer-therapy related cardiovascular disease. Int J Cardiol 2019;280:163−175.Michel L, Rassaf T, Totzeck M. Biomarkers for the detection of apparent and subclinical cancer therapy-related cardiotoxicity. J Thorac Dis 2018;10:S4282−s4295.Michel L, Rassaf T. Cardio-oncology: need for novel structures. Eur J Med Res 2019;24:1.Brahmer JR, Lacchetti C, Schneider BJ et al. Management of Immune-Related Adverse Events in Patients Treated With Immune Checkpoint Inhibitor Therapy: American Society of Clinical Oncology Clinical Practice Guideline. J Clin Oncol 2018;36:1714−1768. Bild Copyright: Shutterstock / patpitchaya     Autoren:           PD Dr. med. Matthias Totzeckmatthias.totzeck@uk-essen.de                Dr. med. Lars Michellars.michel@uk-essen.de             aus connexi  5-2019 KARDIOLOGIE, HERZCHIRURGIEDGK Jahrestagung 2019Kongressberichte       Titelbild Copyright: Science Photo Library / Thomas Deerinck / NCMIR. Gestaltung: Jens Vogelsang        
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