Neues von der Europäischen Diabetestagung EASD 2019

Highlights vom EASD 2019 für Sie kurz zusammengefasstVom 16- bis 20. September 2019 fand in Barcelona die 55. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) statt. Zu den vielen neuen Ergebnissen stellen wir Ihnen knapp und übersichtlich hier drei Studien vor:    Ergebnisse der DAPA-HF-StudieEin Antidiabetikum gegen Herzinsuffizienz?Das orale Antidiabetikum Dapagliflozin kann Typ-2-Patienten auch in kardiovaskulärer Hinsicht helfen; das ist bekannt. Aber auch Nicht-Diabetiker können offenbar profitieren. Dafür sprechen die Ergebnisse der DAPA-HF-Studie, die auf der Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Barcelona vorgestellt wurden.Die Placebo-kontrollierte, randomisierte, internationale Studie umfasst 4.744 Patienten, die unter einer Herzinsuffizienz (NYHA-Stadien II-IV) litten. Ihre Ejektionsfrequenz betrug maximal 40 %. Geprüft wurden Wirksamkeit und Sicherheit der Einnahme von einmal täglich 10 mg des SGLT2-Hemmers Dapagliflozin im Vergleich zur Placebo. Die Gabe erfolgte als Add-on zur Standardtherapie gegen Herzinsuffizienz. Teilnehmer mit Typ-2-Diabetes (in jedem Studienarmen 41,8 %) setzten außerdem ihre antidiabetische Therapie fort.Primärer Endpunkt war eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz (die z.B. zur Hospitalisierung führte) oder kardiovaskulärer Tod. Das Ergebnis: Innerhalb einer medianen Dauer von 18,2 Monaten erreichten 21,2 % der Placebo-Teilnehmer diesen kombinierten Endpunkt. Mit Dapagliflozin dagegen fiel das Risiko mit 16,3 % erheblich niedriger aus – ein signifikanter Vorteil (p < 0,001). Das war unabhängig davon, ob zusätzlich ein Diabetes bestand oder nicht. Eine erste Verschlechterung der Herzinsuffizienz wurde mit dem SGLT-2-Hemmer nur bei jedem zehnten Patienten beobachtet – signifikant seltener als in der Vergleichsgruppe (13,7 %).Quellen: Pressekonferenz der European Association for the Study of Diabetes (EASD) im Rahmen der Jahrestagung der EASD am 18. September 2019 in BarcelonaMcMurray JJV, Solomon SD, Inzucchi SE et al. Dapagliflozin in patients with heart failure and reduced ejection fraction. N Engl J Med 2019, September 19, DOI10.1056./NEJMoa1911303      Die VERIFY-StudieEine Kombinationstherapie von Anfang an bringt Typ-2-Patienten mehrAls initiale medikamentöse Behandlung erhalten Patienten mit frühem Typ-2-Diabetes meist eine Monotherapie mit Metformin. Jetzt ergab der Vergleich mit einer Kombination aus Vildagliptin plus Metformin: Der Start mit der Kombinationstherapie brachte vielen Patienten bessere Ergebnisse.In der Studie VERIFY wurden 2001 Patienten mit frühem Typ-2-Diabetes mit Metformin behandelt (2-mal täglich bis zu 1.000 mg), entweder kombiniert mit dem DPP-4-Hemmer Vildagliptin (2-mal täglich 50 mg) oder mit Placebo. Die Diagnose der Teilnehmer war höchstens zwei Jahre her und ihre HbA1c-Werte lagen zwischen 6,5 % und 7,5 %.  Die Behandlungsphase erstreckte sich über fünf Jahre¸ VERIFY liefert also Langzeitdaten. Als primärer Wirksamkeitsendpunkt wurde die Zeit bis zum ersten Therapieversagen ermittelt. Ein solches Versagen lag vor, wenn ein Patient zweimal im Abstand von 13 Wochen einen HbA1c-Wert von 7 % oder höher aufwies. In der Studie geschah dies in der kombiniert behandelten Teilnehmergruppe mit einer Rate von 43,6 % erheblich seltener ein als im Metformin-Monotherapie-Arm (62,1 %). So erreichte die mediane Dauer bis zum Therapieversagen unter Monotherapie nur 36,1 Monate. Für den Kombinationstherapie-Arm dagegen konnte der Wert nur als außerhalb der Studiendauer liegend geschätzt werden – auf 61,9 Monate. Und: Für Patienten mit früher Kombitherapie blieb das Risiko für zu hohe HbA1c-Werte auch im Vergleich zu den Patienten geringer, die von der Mono- zur Kombinationstherapie wechselten.  Quellen: Pressekonferenz der European Association for the Study of Diabetes (EASD) am 18. September 2019 im Rahmen der Jahrestagung der EASD in BarcelonaMatthews DR, Paldánius PM, Proot P et al. Glycaemic durability of an early combination therapy with vildagliptin and metformin versus sequential metformin monotherapy in newly diagnosed type 2 diabetes (VERIFY): a 5-year, multicentre, randomised, double-blind trial. Lancet 2019, September 18, doi.org/10.1016/S0140-6736(19)32131-2   Kardiovaskuläre SicherheitsstudieLinagliptin gegen Glimepirid: Ergebnisse aus CAROLINABeim Europäischen Diabeteskongress in Barcelona wurden Ergebnisse der CAROLINA-Studie bekanntgegeben. Sie erfasste bei Typ-2-Diabetikern mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko die Wirkung von Linagliptin auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität im Vergleich zu der des Sulfonylharnstoffs Glimepirid.Die kardiovaskuläre Sicherheit von Linagliptin war in der Studie CARMELINA bereits versus Placebo gezeigt worden. CAROLINA liefert jetzt mit der Gegenüberstellung von Linagliptin und Glimepirid den direkten Vergleich mit einem Konkurrenzwirkstoff. Die Studie kann zudem möglicherweise etwas Licht in die Einschätzung des wiederholt diskutierten kardiovaskulären Risikos unter Sulfonylharnstoffen bringen. Dafür ergänzten in 43 Ländern 3.023 Typ-2-Patienten ihre Diabetestherapie mit dem Gliptin (täglich 5 mg) und 3.010 Probanden mit dem Sulfonylharnstoff (täglich bis zu 4 mg). Die Auswertung erfolgte nach einem medianen Follow-up von 6,3 Jahren – und ergab für das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Wirkstoffen.Anders sah es für das Unterzuckerungsrisiko aus: Im Linagliptin-Arm fiel die Hypoglykämie-Inzidenz mit 10,6 % erheblich niedriger aus als unter dem Sulfonylharnstoff (37,7 %). Dieses Ergebnis wurde erreicht, obwohl der HbA1c-Wert beider Gruppen sich nicht unterschied; der Vorteil ist signifikant. Mit einer durchschnittlichen Differenz von -1,5 kg erzielte der Linagliptin-Arm darüber hinaus auch beim Gewicht signifikant bessere Ergebnisse.Quelle:Pressemitteilung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) am 18. September 2019 im Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona       Vitamin DVitamin-D3-Mangel ist assoziiert mit erhöhter MortalitätEin Mangel an Vitamin D3 (hier <10 nmol/l bzw. 4 µg/l im Serum) war in einer großen datenbankgestützten Studie mit einem zwei- bis dreifach erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert. Die deutlichste Assoziation fand sich nicht für Krebs und kardiovaskuläre Erkrankungen, sondern mit anderen Todesursachen, insbesondere im Zusammenhang mit Diabetes.Dr. Rodrig Marculescu von der Universität Wien und Kollegen untersuchten die Daten von 78.581 Patienten, bei denen im Zeitraum zwischen 1991 und 2011 der Vitamin-D-Spiegel bestimmt worden war, und glichen diese mit dem österreichischen Sterberegister ab. Todesfälle innerhalb der ersten drei Jahre nach der Messung wurden ausgeschlossen, die Nachbeobachtungszeit war auf 20 Jahre angelegt (Median 10,5 Jahre). Es fand sich über alle untersuchten Altersgruppen hinweg ein zwei- bis dreifaches Sterberisiko. Umgekehrt konnte, außer bei über 75-Jährigen, eine gute Versorgung mit Vitamin D3 (über 90 nmol/l = 36 µg/l) das Sterberisiko im Vergleich zum Durchschnitt um etwa 30–40 % vermindern.  Die Analyse der Todesursachen ergab eine besonders starke Assoziation mit Todesfällen im Zusammenhang mit Diabetes (4,4-faches Sterberisiko) sowie mit Infektionskrankheiten (zweifaches Risiko). Die Autoren schließen daraus, dass die einfache und kostengünstige Supplementierung von Vitamin D3 bereits ab dem frühen mittleren Lebensalter zur Senkung der Mortalitätsraten beitragen kann.   Quellen: Pressemitteilung der EASD vom 18.09.2019Marculescu R et al., Vitamin D deficiency, overall and cause-specific mortality – the impact of age and diabetes, Poster-Präsentation anlässlich der Jahrestagung der EASD in Barcelona 2019        Risiko für Diabetes Typ 2Bestimmte Berufs­gruppen sind besonders gefährdetIm Vergleich zu anderen Berufsgruppen haben Fabrikarbeiter, Berufskraftfahrer und Reinigungskräfte ein bis zu dreimal höheres Risiko, einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln. Dies ergab eine aktuelle Studie aus Stockholm.Dr. Sofia Carlsson und Kollegen vom Karolinka-Institut in Stockholm untersuchten das Risiko für einen Diabetes Typ 2 im Zusammenhang mit 30 häufigen Berufen.  Basierend auf der Gesamtheit der arbeitenden Bevölkerung in Schweden (Studienpopulation, 4.550.892 Personen) lag die Prävalenz des Diabetes Typ 2 bei 4,2% (5,2% bei Männern; 3,2% bei Frauen). Je nach Berufsgruppe fanden sich jedoch erhebliche Unterschiede: Bei den Männern waren 7,8 % der Fabrikarbeiter und 8,8 % der Berufskraftfahrer Diabetiker, jedoch nur 2,5 % der Computerfachleute. Bei den Frauen hatten Fabrikarbeiterinnen (6,4 %), Küchenhilfen (5,5 %) und Reinigungskräfte (5,1 %) ein überdurchschnittlich hohes Risiko, während spezialisierte Managerinnen mit 1,2 % ein sehr niedriges Risiko für Diabetes Typ 2 aufwiesen. Die Autoren meinen: „Die Assoziation zwischen Beruf und Diabetes Typ 2 hat mit den großen Unterschieden im Lebensstil zu tun. Personen in Berufen mit hohem Risiko sind häufiger übergewichtig, sie rauchen mehr und sind körperlich weniger fit als Menschen in Berufen mit niedrigem Risiko, und dies trägt aller Wahrscheinlichkeit nach zu der hohen Prävalenz und Inzidenz des Typ-2-Diabetes bei“.   Quellen: Pressemitteilung der EASD vom 18.09.2019 im Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona 2019Carlsson, S., Andersson, T., Talbäck, M. et al. Diabetologia (2019). https://doi.org/10.1007/s00125-019-04997-5       Enzyme und Typ-2-DiabetesNiedrige ACE-Aktivität senkt das Risiko für Typ-2-DiabetesDie Behandlung mit ACE-Hemmern senkt nicht nur einen erhöhten Blutdruck, sie senkt auch statistisch gesehen das Risiko, an einem Diabetes Typ 2 (T2D) zu erkranken. Dies ist seit langem bekannt. Aber ist es tatsächlich das ACE selbst, das hier die entscheidende Rolle spielt? Studien aus Kanada legen dies nun nahe. Professor Marie Pigeyre und Kollegen aus Hamilton, Ontario, untersuchten zunächst die Assoziation zwischen der ACE-Serumkonzentration und dem T2D-Risiko in der ORIGIN-Studie (n=8.197). Niedrigere ACE-Konzentrationen waren mit einem erniedrigtem T2D-Risiko assoziiert (OR 0,89). In der DIAbetes Genetics Replication And Meta-analysis consortium-Studie (n=26.676 Fälle, 132.532 Kontrollen) wurde dann das T2D-Risiko bei Menschen mit einem genetisch bedingt erniedrigten Spiegel an ACE untersucht; die Ergebnisse bestätigten das verminderte Risiko. Die Meta-Analyse von sechs randomisierten, kontrollierten Studien mit ACE-Hemmern ergab sogar eine Risikoverminderung um 24 % für die Entwicklung eines T2D unter ACE-Hemmer im Vergleich zu Placebo.  Die Autoren empfehlen die Einbeziehung des geschätzten Risikos für einen T2D, wenn ein Patient auf blutdrucksenkende Medikamente eingestellt werden muss. Bei erhöhtem Risiko sollte ein ACE-Hemmer erwogen werden.   Quellen: Pressemitteilung der EASD vom 18.09.2019 im Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona 2019M. Pigeyre et al.: Angiotensin-converting enzyme and type 2 diabetes risk: a Mendelian randomisation study, Abstract 213, EASD Conference Barcelona      Neues nicht-invasives VerfahrenNeuer Marker zur Vorhersage­ von Prädiabetes­Eine neuartige Methode zur Identifikation von AGEs (Advanced Glycation Endproducts) in der Augenlinse könnte eine frühe Diagnose des Typ-2-Diabetes ermöglichen und sogar schon im Stadium des Prädiabetes die gestörte Glucosetoleranz erkennen.In einer Pilotstudie mit insgesamt 60 Teilnehmern untersuchte Dr. Mitra Tavakoli von der Universität Exeter das Ausmaß der Autofluoreszenz in der Augenlinse. Diese ist abhängig von der Menge der dort abgelagerten AGE. Ein neu entwickeltes Biomikroskop fokussiert einen blauen Lichtstrahl auf die Augenlinse und misst die Autofluoreszenz im reflektierten grünen Licht.  An der Studie nahmen 20 Patienten mit Typ-2-Diabetes, 20 Personen mit Prädiabetes und 20 gesunde Kontrollpersonen teil. Die Autofluoreszenz war nicht nur bei den Diabetespatienten, sondern bereits bei den Personen mit Prädiabetes signifikant erhöht und korrelierte mit den Blutzuckerspiegeln. Wenn sich die Ergebnisse der Pilotstudie in weiteren Studien bestätigen, stünde hier eine neue, nicht-invasive Methode zur Verfügung, um eine gestörte Glucosetoleranz zu diagnostizieren.    Quellen: Pressemitteilung der EASD vom 18.09.2019 im Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona 2019M. Tavakoli: Non-invasive measurements of Advanced Glycation Endproducts (AGEs) in the crystalline lens of the eye can distinguish subjects with prediabetes and type 2 diabetes, Poster-Präsentation anlässlich Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona 2019      Gewichtung von RisikofaktorenAdipositas wichtigste­ Säule bei PrimärpräventionDie Prävalenz des Diabetes Typ 2 nimmt weltweit zu: Im Jahr 2017 wurde die Zahl der Patienten weltweit auf 425 Millionen geschätzt, bis 2045 soll die Zahl auf über 600 Millionen ansteigen.Zur Primärprävention wird empfohlen, ein normales Körpergewicht zu halten und einen aktiven („gesunden“) Lebensstil zu pflegen. Allerdings besteht auch eine starke genetische Komponente, die den Einfluss des Lebensstils beeinflussen könnte. Dr. Hermina Jakupovic und Kollegen aus Kopenhagen untersuchten den Einfluss verschiedener Risikofaktoren auf das T2D-Risiko in einer Kohorte von 9.556 Personen aus der Kohorte der „Danish prospective Diet, Cancer and Health”-Studie. Es handelte sich bereits um eine Risikogruppe, denn im Laufe der Beobachtungszeit von durchschnittlich 14,7 Jahren entwickelten 49,5 % einen Diabetes Typ 2. Der Lebensstil hatte einen eher geringen Einfluss – das Risiko der „ungesund lebenden“ Personen lag um 20 % höher als das der „gesund lebenden“. Personen mit hohem genetischem Risiko hatten ein doppelt so hohes Risiko wie Personen mit niedrigem genetischem Risiko. Das Körpergewicht jedoch erhöhte das Risiko für einen T2D erheblich: Ein BMI >30 kg/m2 erhöhte das Risiko um Faktor 5,8 im Vergleich zum Normalgewicht. Die Autoren schließen aus ihren Daten, dass die Verhinderung bzw. Behandlung des starken Übergewichts die wichtigste Säule zur Primärprävention von Diabetes Typ 2 darstellt.   Quellen: Pressemitteilung der EASD vom 18.09.2019 im Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona 2019Jakupovic H et al.: Genetic predisposition contribute to the risk of incident type 2 diabetes – Danish population-based prospective cohort study, Poster-Präsentation anlässlich Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona 2019    Bild Copyright:  Shutterstock / Chantal de Bruijne             aus connexi  9-2019 DIABETES und ADIPOSITASJahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Berlin, Mai 2019Konferenz der EASD in Barcelona, September 2019Kongressberichte       Titelbild Copyright: Science Photo Library / Alfred Pasieka, Shutterstock / Maria Averburg Gestaltung: Jens Vogelsang  
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