Prävention gewinnt immer größere Bedeutung

Prävention gewinnt immer größere BedeutungDie Anzahl der Menschen, die eine Nierenersatztherapie benötigen, steigt  Aus dem Jahresbericht 2017 des ERA-EDTA-Registers [1] geht hervor, dass nur ein kleiner Teil der chronisch niereninsuffizienten Patienten, die für eine Nierenersatztherapie (renal replacement therapy; RRT) vorgesehen sind, diese mit der besten verfügbaren Therapie beginnen können, nämlich der Transplantation (Abbildung 1), – und dass die Anzahl der Menschen, die eine Nierenersatztherapie benötigen, steigt. Für die europäischen Gesundheitssysteme ist dies eine große Herausforderung. Eine Stärkung der Prävention könnte den Trend stoppen oder zumindest verlangsamen. Der Jahresbericht 2017 des ERA-EDTA-Registers, der Datensätze aus 53 nationalen oder regionalen Nierenregistern in 37 Ländern zugrunde legt, zeigt, dass von fast 700 Millionen Menschen 88.453 Personen im Jahr 2017 mit einer Nierenersatztherapie begonnen haben, was einem Anteil von 127 pro Million Menschen entspricht [1]. Das mittlere Alter dieser Patienten, betrug 63,4 Jahre. Die Inzidenzrate variierte erheblich zwischen den Ländern – im Kosovo lag die bereinigte Inzidenzrate bei 429, in Griechenland bei 223, in Frankreich bei 174, in der Schweiz bei 99 und in Estland bei nur 68 Personen. Die Unterschiede lassen sich zum Teil durch die unterschiedlichen nationalen Ressourcen erklären, die für RRT zur Verfügung stehen. Ein großer Teil ist jedoch durch Unterschiede im allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung und der Verfügbarkeit von Präventionsmaßnahmen in den einzelnen Ländern Europas bedingt. Deutsche Zahlen sind allerdings nicht mit in die Erhebung eingegangen, weil Deutschland eines der wenigen europäischen Länder ist, das nicht über ein Dialyseregister verfügt.Bluthochdruck und Nierenkrankheiten  Wie die Auswertung des ERA-EDTA-Registers zeigt, ist Bluthochdruck mit 10–19 % eine der häufigsten Ursachen für die terminale, dialysepflichtige Niereninsuffizienz. Wenn eine Nierenerkrankung im Anfangsstadium vorliegt, beschleunigt hoher Blutdruck die Entwicklung einer terminalen Niereninsuffizienz. „Derzeit sind in Deutschland etwa 90.000 Menschen auf eine Nierenersatztherapie angewiesen. Extrapoliert man die europäischen Zahlen auf Deutschland, kommt man zu dem Schluss, dass bei 9.000–17.000 dieser Patienten die terminale Nierenkrankheit durch eine konsequente Blutdrucksenkung hätte vermieden werden können“, erläuterte Tagungspräsident Prof. Dr. Lars Christian Rump auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) im September 2019 in Düsseldorf. Gesunde Ernährung und Niere  „Geben Sie Acht auf Ihre Nieren“ – mit diesem Slogan wirbt die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) seit Jahren für Maßnahmen zum Schutz der Nieren. Der Stellenwert der Regel „Ernähren Sie sich gesund!“ wird durch eine aktuelle Studie bestätigt. Eine kürzlich in cJASN publizierte Studie [2] stärkt die Empfehlung und deutet auf ein nierenschützendes Potenzial einer gesunden Ernährung, wie Professor Jan C. Galle, Präsident der DGfN aus Lüdenscheid, hervorhob. Eine gesunde Kost war in dieser Studie mit einer um 30 % geringeren Inzidenz einer chronischen Nierenkrankheit (CKD) verbunden. Australische Wissenschaftler hatten 18 Studien mit insgesamt mehr als 600.000 Menschen ausgewertet und sie im Durchschnitt über zehn Jahre nachbeobachtet. Unter gesunder Kost zählten die mediterrane Diät oder die DASH-Diät, beide beinhalten eine obst-, gemüse- und vollkornbetonte Kost mit wenig Fleisch, Salz oder Zucker. Nephrologische Mitbetreuung und akutes Nierenversagen Dass eine frühzeitige Einbeziehung eines Nephrologen für Patienten mit akutem Nierenversagen (ANV) prognostisch bedeutsam ist, konnte in einer im Jahr 2017 veröffentlichten Studie gezeigt werden [3]. Die Patienten profitieren von der fachärztlichen Mitbetreuung im Hinblick auf eine geringere Mortalitätsrate und geringere renale Folgeschäden. Ein ANV tritt bei jedem zehnten bis fünften Intensivpatienten auf. Häufigste Ursachen sind Volumendepletion, Sepsis, Herzerkrankungen, Polytraumen, Lebererkrankungen und Arzneimitteltoxizität. Gerade letzteres scheint im klinischen Alltag ein wachsendes Problem zu sein, wie der Co-Tagungspräsident der 11. Jahrestagung der DGfN Professor Dr. Peter J. Heering aus Solingen betonte. Nach den Daten einer aktuellen Studie aus Frankreich erhalten fast zwei Drittel der Patienten mit ANV auf der Intensivstation mindestens ein nephrotoxisches Medikament, fast ein Drittel sogar zwei oder mehr dieser Medikamente [4]. Die DGfN fordert daher das Hinzuziehen eines Nephrologen bei Patienten mit akutem Nierenversagen auf der Intensivstation. Professor Dr. Peter J. Heering sagte dazu: „Nephrologen sollten bei der Betreuung dieses originär nephrologischen Krankheitsbildes einbezogen werden. Tun wir das nicht, schaden wir den Patienten und laden dem System unnötige Kosten für langfristige Nierenersatztherapien auf, die vermeidbar gewesen wären.“Neue DEGAM-Leitlinie Zur Prävention gehören aber auch die Früherkennung und rechtzeitige Therapie im hausärztlichen Umfeld. Schätzungen zufolge ist etwa jeder Zehnte der Bevölkerung von einer chronischen Nierenkrankheit betroffen. Bei vielen liegt nur eine leichtgradige, oft altersbedingte Nierenschwäche vor. Diese Menschen werden überwiegend hausärztlich versorgt, aber einige von ihnen müssen nephrologisch mitbetreut werden. Welche das sind, definiert die neue S3-Leitlinie, die die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) zusammen mit der DGfN erarbeitet hat. Auch sie könnte langfristig dazu beitragen, dass weniger Nierenkranke eine Nierenersatztherapie benötigen [5].     Redaktion: Rüdiger ZartQuellen: DGfN, ERA-EDTA ReferenzenERA-EDTA Registry: ERA-EDTA Registry Annual Report 2017. Amsterdam UMC, location AMC, Department of Medical Informatics, Amsterdam, the Netherlands, 2019. abrufbar unter: https://era-edtareg.org/files/annualreports/pdf/AnnRep2017.pdf Bach KE, Kelly JT, Palmer SC et al. Healthy dietary patterns and lncidence of CKD: a meta-analysis of cohort studies. Clin J Am Soc Nephrol 2019; 14(10): 1441–9.Soares DM, Pessanha JF, Sharma A et al. Delayed nephrology consultation and high mortality on acute kidney injury: aA meta-analysis. Blood Purif 2017; 43: 57–67.Ehrmann S, Helms J, Joret A et al. Nephrotoxic drug burden among 1001 critically ill patients: impact on acute kidney injury. Ann Intensive Care 2019; 9(1): 106.S3-Leitlinie „Versorgung von Patienten mit nicht-dialysepflichtiger Niereninsuffizienz in der Hausarztpraxis“, abrufbar unter https://www.degam.de/degam-leitlinien-379.html  Bild Copyright:  Science Photo Library / Susumu  Nishinaga, Fotolia® Janis Smits               aus connexi  1-2020 NEPHROLOGIE, HYPERTENSIOLOGIE, DIALYSE, TRANSPLANTATION DGfN, DTG, DHL und Berliner Dialyse-Seminar 2019 Kongressberichte       Titelbild Science Photo Library / Susumu  Nishinaga, Fotolia® Janis Smits. Gestaltung: Jens Vogelsang  
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