Risikoeinschätzung

CoropredictEin neues Instrument zur Risiko­einschätzung in der Primär- und Sekundär­prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Alexander Dressel, Hamburg, und Winfried März, Mannheim, et al.*   CoroPredict ist ein Instrument zur Risikoeinschätzung in der Primär- und Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Folgende Parameter fließen in die Auswertung ein: Alter, Geschlecht, bereits diagnostizierte Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Werte verschiedener Biomarker aus Blutproben. Diese Biomarker liefern objektive Aussagen über den Glukose- und Fettstoffwechsel, die aktuelle Funktion von Herz und Nieren, Entzündungsprozesse und Lebensstilparameter. Die Ergebnisse werden in der folgenden Form dargestellt (Abbildungen 1–3): Tabelle mit den Werten der folgenden Biomarker aus dem Blut, mit Radar-Karte: Glukose, HbA1c, Triglyceride, HDL-C, LDL-C (Glukose- und Lipidstoffwechsel); NT-pro BNP, hsTnT/hsTnI, Cystatin-C-basierte GFR (kardiovaskuläre und renale Funktion); hsCRP (Entzündungsparameter); Galektin 3 (bzw. Lp(a)) bei diagnostizierter (bzw. bisher nicht diagnostizierter) Herz-Kreislauf-Erkrankung; Cotinin, 25-hydroxy-Vitamin D (Rauchen/Le­bensstil).Ein automatisch erstellter Diagnosetext entsprechend dem Status der kardiovaskulären Gesundheit und den oben aufgezählten Biomarkern.Eine Risikoeinschätzung für das Auftreten eines tödlichen kardiovaskulären Ereignisses in den nächsten zehn Jahren, errechnet aus dem Coropredict-Score und dem zugehörigen biologischen Alter des Herzens.       Unser Ziel ist es, den Coropredict-Score bezüglich seiner Trennschärfe und Kalibrierung genauer zu untersuchen, indem wir den Test auf die Daten der folgenden drei Nachbeobachtungs-Studien anwenden: DETECT (Diabetes and Cardiovascular Risk Evaluation: Targets and Essential Data for Commitment of Treatment), getABI (German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Indes),VIVIT (Vorarlberg Institute for Vascular Investigation and Treatment study). Methoden Lernprozess Der Coropredict-Score beruht auf den Nachbeobachtungsdaten der LURIC-Studie (Ludwigshafen Risk and Cardiovascular Health Study) [1] und besteht aus einer Formel zur Risikoeinschätzung auf Basis der Cox-Regression. Berechnet wird das Langzeitrisiko für tödliche kardiovaskuläre Ereignisse. Die Datenbasis besteht aus entsprechend ausgewählten Subpopulationen je nach der Art der Prävention: LURIC (Primärprävention): keine fehlenden Follow-up-Daten,Alter bei Studienbeginn zwischen 20 und 75 Jahren,(kein akutes Koronarsyndrom und keine koronare Herzerkrankung) oder (stabile koronare Herzerkrankung und kein Herzinfarkt) bei Studienbeginn,n=1.369 (857 männlich, 512 weiblich),mittleres Alter: 60,3 Jahre, (SD 10 Jahre), #(Ereignisse)=121, mittlere (mediane) Nachbeobachtungszeit: 9,3 (10,1) JahreLURIC (Sekundärprävention): keine fehlenden Follow-up-Daten,stabile koronare Herzerkrankung bei Studienbeginn,n=1.453 (1.092 männlich, 361 weiblich),mittleres Alter: 64,2 Jahre, (SD 9,5 Jahre), #(Ereignisse)=335, mittlere (mediane) Nachbeobachtungszeit: 8,5 (9,8) JahreReplikation Kalibrierung und Trennschärfe des Coropredict-Scores werden mithilfe der folgenden Follow-up-Studien untersucht:  DETECT (Primärprävention): kein Schlaganfall und keine koronare Herz­erkrankung bei Studienbeginn,n=4016 (1.518 männlich, 2.498 weiblich),mittleres Alter: 55,8 Jahre, (SD 1,8 Jahre), #(Ereignisse)=32, mittlere (mediane) Nach­beobachtungszeit: 3,2 (4,03) Jahre getABI (Primärprävention): n=6.219 (2.627 männlich, 3.592 weiblich),mittleres Alter: 72,5 Jahre, (SD 5,3 Jahre), #(Ereignisse)=336, mittlere (mediane) Nachbeobachtungszeit: 6,7 (7,1) Jahre VIVIT (Sekundärprävention): n=928 (593 männlich, 335 weiblich),mittleres Alter: 65 Jahre, (SD 10,6 Jahre), #(Ereignisse)=70, mittlere (mediane) Nachbeobachtungszeit: 5,5 (6,4) Jahre Zur Überprüfung der Kalibrierung unterteilen wir jede der drei einbezogenen Studienpopulationen in Quartile und untersuchen für jedes Quartil die Abweichung der innerhalb des Beobachtungszeitraums tatsächlich beobachteten Ereigniszahlen von den im Coropredict-Score vorhergesagten Ereigniszahlen. Die Trennschärfe des Coropredict-Scores wird jeweils für die ausgewählten Endpunkte mithilfe der Konkordanzanalyse berechnet (AUC und Konkordanz-Index nach Harrell). Ergebnisse Kalibrierung siehe Abbildungen 4–6. In den Studien DETECT und VIVIT zeigte sich bei der Mehrheit der un­tersuchten Zeitabschnitte und in allen Coropredict-Quar­tilen für die primäre bzw. sekundäre Prävention keine signifikante Abweichung der vorhergesagten Zahl der Ereignisse von der tatsächlich beobachteten Anzahl. Oder anders ausgedrückt: In den meisten Fällen befindet sich die beobachtete Anzahl der Er­eignisse zum Zeitpunkt t innerhalb des 95-%-Konfidenzintervalls, in dem sich auch die vorausgesagte Anzahl der Ereignisse zum Zeitpunkt t befindet (wobei die 95 %-Kon­fi­denz­in­ter­valle auf dem log-Hazard beruhen).In der getABI-Studie scheinen die Übereinstimmungen zwischen den vorhergesagten Ereignissen (gestrichelte Linien) und den tatsächlich beobachteten Ereignissen (durchgezogene Linien) im Großen und Ganzen akzeptabel zu sein, jedoch kreuzen sich die Linien (durchgezogene und gestrichelte) jeweils im dritten und vierten Quartil. Festzuhalten ist allerdings, dass in der getABI-Population zum Ende des Beobachtungszeitraums ein stärkerer Anstieg der Mortalität zu sehen war.       Trennschärfe Die Konkordanzanalyse der Trennschärfe für den Coropredict-Score ergibt: Konkordanz-Index nach Harrell:für die DETECT-Studie: 0,888, AUC: 0,895,für die getABI-Studie: 0,761, AUC: 0,754,für die VIVIT-Studie: 0,801, AUC: 0,797. Schlussfolgerungen Die Validierung des Coropredict-Scores wurde mit den Daten aus folgenden Studien durchgeführt: DETECT und getABI (Primärprävention) sowie VIVIT (Sekundärprävention). Kalibrierung und prädiktive Power des Coropredict-Scores liefern für Österreich und Deutschland eine gute Übereinstimmung.     ReferenzenWinkelmann BR, März W, Boehm BO et al. Rationale and design of the LURIC study – a resource for functional genomics, pharmacogenomics and long-term prognosis of cardiovascular disease. Pharmacogenomics 2001; 2: 1–73.Stone NJ, Robinson JG, Lichtenstein AH et al.; American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. 2013 ACC/AHA guideline on the treatment of blood cholesterol to reduce atherosclerotic cardiovascular risk in adults: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. Circulation 2014; 129(25 Suppl 2): S1–45.Catapano AL, Graham I, De Backer G et al. 2016 ESC/EAS Guidelines for the Management of Dyslipidaemias: The Task Force for the Management of Dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and European Atherosclerosis Society (EAS) Developed with the special contribution of the European Assocciation for Cardiovascular Prevention & Rehabilitation (EACPR). Atherosclerosis 2016; 253: 281–344.Piepoli MF, Hoes AW, Agewall S et al. 2016 European Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice: The Sixth Joint Task Force of the European Society of Cardiology and Other Societies on Cardiovascular Disease Prevention in Clinical Practice (constituted by representatives of 10 societies and by invited experts) Developed with the special contribution of the European Association for Cardiovascular Prevention & Rehabilitation (EACPR). Eur Heart J 2016; 37: 2315–81.Allan GM, Garrison S, McCormack J. Comparison of cardiovascular disease risk calculators. Curr Opin Lipidol 2014; 25: 254–65.Libby P, Hansson GK. Inflammation and immunity in diseases of the arterial tree: players and layers. Circulation Research 2015; 116: 307–11.   *Weitere Autoren: A. R. Dressel1, T. Grammer2, H. Scharnagl3, Marcus E. Kleber4, Andreas Leiherer5, Christoph H. Säly5, Heinz Drexel5, Axel Mündlein5, Jens Klotsche6, Lars Pieper7, David Pittrow8, Sigmund Silber9, Hans-Ulrich Wittchen10, 11, Hans J. Trampisch12, Lara Hillebrand13, Felix Fath13, Winfried März3, 4, 13(1) DACH-Gesellschaft Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen e.V., Hamburg(2) Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin (MIPH), Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg(3) Klinisches Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik, Medizinische Universität Graz(4) Medizinische Klinik V (Nephrologie, Hypertensiologie, Endokrinologie, Diabetologie, Rheumatologie), Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg(5) Vorarlberg Institute for Vascular Investigation and Treatment, Feldkirch, Österreich(6) Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, Institut der Leibnitz-Gesellschaft – Berlin (7) Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité – Universitätsmedizin Berlin(8) Institut für Klinische Pharmakologie, Technische Universität Dresden(9) Fachärztliche Praxis für Kardiologie, München(10) Institut für klinische Psychologie und Psychotherapie, Technische Universität Dresden(11) Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München(12) Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Ruhr-Universität Bochum(13) Synlab Academy, Synlab Holding Deutschland GmbH, Mannheim   Autoren:           Prof. Dr. Winfried Märzwinfried.maerz@synlab.com              Dr. rer. nat. Alexander Dresselalexander.dressel@dach-praevention.eu                  aus connexiplus 2-2020 KARDIORENALE ACHSE INTERDISZIPLINÄRKardiologie, Nephrologie, Diabetologie, Lipidologie, Biomarker sowie Ernährung       Titelbild Copyright: Shutterstock / AlexRoz, Shutterstock / Maria Averburg, Shutterstock / 3Dstock, Shutterstock / Sebastian Kaulitzky. Gestaltung: Jens Vogelsang    
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