Tipps vom Anwalt

Rechtliche Rahmenbedingungen für die Patientenkommunikation von Andreas Staufer, München   Zuweilen lassen sich medizinjuristische Streitigkeiten auf eine mangelhafte Kommunikation des Arztes zurückführen. Ärzte hätten die ein oder andere negative Bewertung und sogar den ein oder anderen Prozess durch ein einfaches Gespräch mit dem Patienten oder eine sorgsam vorbereitete Information vermeiden können – ohne Anwälte, ohne Richter, ohne ein öffentliches Verfahren und möglicherweise auch ohne negative Bewertungen.  Was aber hat Kommunikation mit Haftungs­fällen, Risikomanagement und Google-Bewertungen zu tun? Viel.  Das Wesen der Kommunikation  Kommunikation hat ihren Ursprung zunächst im lateinischen Wort communicatio. Es steht übersetzt für „Mitteilung“ und bedeutet den Austausch oder die Übertragung von Information. Ein Patient, der das Gespräch mit dem Arzt sucht, will mit ihm kommunizieren. Er wünscht entweder, dem Arzt Informationen mitzuteilen oder begehrt selbst Information: über seinen Gesundheitszustand und mögliche Therapien.  Leider weicht der Erwartungshorizont der Patienten an Gesprächsführung und -dauer mitunter von dem ab, was der Arzt bieten kann und will. Ein Grund hierfür ist der im Gesundheitssystem aus Kostengründen forcierte Weggang von der sprechenden Medizin hin zur Apparatemedizin, teilweise aber auch eine fehlende Organisation oder Sensibilität in der Praxis. So registriert der Arzt den Gesprächswunsch, priorisiert und arbeitet zügig ab. Die hierbei dem Patienten übermittelten Informationen sind mitunter dürftig und auf das Wesentliche reduziert. Darunter kann jedoch nicht nur das Verständnis des Patienten leiden, sondern darüber hinaus auch seine Compliance und seine Zufriedenheit.  Aus Sicht des Patienten erscheint der Arztkontakt mangelhaft, wenn er die erwarteten Informationen nicht in der von ihm erwarteten Zeit oder Form erhält. Das volle Wartezimmer scheint ihm dabei alles andere zu sein als der eigentliche Grund für die fehlende Zeit des Arztes.  Erwidert der Arzt das Begehren des Patienten nicht, dann sucht dieser vielleicht die Kommunikation mit Dritten. Das können Freunde oder Verwandte sein, aber auch ein Anwalt, Polizei, Staatsanwaltschaft, Ärztekammer, Krankenkasse, die Presse oder das Internet. Die Wahl aus den verschiedenen Möglichkeiten hat sodann auch Auswirkungen auf den weiteren Verlauf einer möglichen Eskalation. Beispiel: Ein 95-jähriger Angehöriger wendet sich an die behandelnden Ärzte seiner verstorbenen Ehefrau. Er will wissen, woran sie während einer geplanten Operation gestorben ist. Die Klinikärzte verweigern sich gänzlich dem im Krankenhaus wartenden Mann. Schließlich verweisen sie auf anstehende Notfälle und die vermeintlich entgegenstehende ärztliche Schweigepflicht. Der Mann wendet sich ratlos an die Polizei. Diese beginnt zwar zu ermitteln, verweist ihn allerdings für sein Auskunftsbegehren an einen Fachanwalt für Medizinrecht. Diesem vertraut er schließlich im ersten interessierten Gespräch an: „Wissen’s, ich möchte doch nur wissen, ob meine Frau ohne Schmerzen ihren Frieden gefunden hat.“  Die erhofften Informationen sind also aus unterschiedlichen Gründen wichtig für einen Fragesteller. Wenn sie gänzlich unbeantwortet bleiben, dann sind die Folgen regelmäßig ein – eigentlich vermeidbarer – Frust und unberechenbare Reaktionen. Einige Enttäuschte posten ihre Auffassung hierzu schließlich in den sozialen Medien oder auf Bewertungsplattformen bei Google, Jameda und Co.  Abläufe optimieren  Die Analyse gut bewerteter Praxen zeigt meist eine in der Kommunikation und im Ablauf optimierte Patientenorganisation. So werden die Patienten zum Beispiel vor dem ersten Termin mit allgemeinen Informationen zum Praxisablauf und gezielten Fragebögen zum jeweiligen Leistungsangebot versorgt. Typische Fragen werden oft schon im Vorfeld auf der Praxishomepage oder durch Flyer beantwortet. Und im Wartezimmer warten die Patienten nicht nur, sondern bereiten sich auch auf den Termin vor. Mitarbeiter erledigen delegierbare Voruntersuchungen nach Checkliste und online einsehbare Terminkalender reduzieren die Zahl der Anrufe. Der Arzt findet ausreichend Zeit für das Patientengespräch und informiert im Nachgang automatisiert zur Nachsorge. Der Patient erfährt außerdem, dass man für Kritik persönlich da sei, sich aber auch über positive Bewertungen im Internet freue.  Negativ bewertete Praxen investieren dagegen selten in das Optimieren der Praxisabläufe und erschöpfen sich oft in der juristischen Bekämpfung negativer Bewertungen auf Onlineportalen. Tatsächlich können Ärzte sich rechtlich gegen unerlaubte Bewertungen, gegen Beleidigungen und falsche Tatsachenbehauptungen wehren – meist lassen sich bereits mit Notice- and Take-Down-Hinweisen erste Ergebnisse erzielen. Man sollte sich allerdings nicht nur um die Entfernung der Onlinebewertungen bemühen: Sie geben darüber hinaus auch Hinweise zur Bekämpfung möglicher Ursachen.   Gut bewertete Praxen­ kümmern sich meist um eine optimierte Patienten­organisation - in Kommunikation­ und Abläufen.  Ein häufiger Grund von Beanstandungen auf Bewertungsportalen sind beispielsweise die mit Patienten geführten und von beiden Seiten als ärgerlich empfundenen „Verkaufsgespräche“ über individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Ärzte sind keine Verkäufer; sie sollten das Anbiedern ebenso meiden wie Hinweise auf private Sprechstunden. Andere Medien in der Praxis informieren Patienten viel subtiler und weniger aufdringlich über Angebote.  Das Berufsrecht bringt es kurz, aber würzig auf den Punkt: Ärzte haben ihren Patienten gebührende Aufmerksamkeit entgegenzubringen und mit deren Kritik sowie mit Meinungsverschiedenheiten sachlich und korrekt umzugehen.  Fernkommunikation Ärzte beraten und behandeln ihre Patienten im persönlichen Kontakt. Sie dürfen Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen. Doch auch eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien kann im Einzelfall erlaubt sein, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt bleibt. Der Patient ist dann besonders aufzuklären. Aber Achtung: Die Fernbehandlung und -beratung ist in den einzelnen Bundesländern noch unterschiedlich geregelt.  Pflicht zur Information  Informationspflichten sind in zahlreichen Vorschriften niedergelegt. Die Pflichten beginnen bereits mit der nach der Berufsordnung auf dem Praxisschild bereitzustellenden Information. Das Telemediengesetz, die Verordnung über Informationspflichten für Dienstleistungserbringer, der Rundfunkstaatsvertrag (bei Bloggern), ebenso wie die Datenschutzgrundverordnung – kurz DSGVO – mit ihren zusätzlichen Informations- und Auskunftspflichten enthalten weitere Pflichtangaben. Und diese Aufzählung ist bei weitem nicht abschließend. Selbst die wesentlichen Anforderungen an das Aufklärungsgespräch sind gesetzlich in § 630e des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) normiert.  Praxisinhaber müssen sich schon aus berufs- und haftungsrechtlichen, aber auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen mit ihren Informationspflichten vertraut machen und diese sorgfältig erstellen, um kostenpflichtige Beanstandungen zu vermeiden. Beispiel: Dr. A und Dr. B betreiben eine Praxisgemeinschaft. Dr. C ist bei beiden in Halbzeit angestellt. Auf Praxisschild, Briefkopf und Homepage firmieren Sie gemeinsam als Praxis Musterstadt, Dr. A, B und C. Doch die unüberlegte Aufnahme weiterer Ärzte stellt eine erhebliche Haftungsfalle dar, erwecken sie doch damit den Anschein einer Personengesellschaft. Der Schein genügt, um im Regressfall gegenüber dem Patienten für die Fehler der vermeintlichen Mitgesellschafter zu haften.  Das Gesetz stellt auch an Art und Inhalt der Informationsweitergabe besondere Anforderungen. Werbung – und damit die Information über die angebotene Leistung – ist bekanntermaßen zulässig, aber Berufsrecht, das Heilmittelwerberecht und das allgemeine Wettbewerbsrecht schränken die Gestaltung ein. Beschränkungen ergeben sich bereits beim Fortführen der Namen ausgeschiedener Kollegen. Selbst Empfehlungen und Verweisungen an Kollegen sollen nicht ohne hinreichenden Grund ausgesprochen werden. Werbung für gewerbliche Zwecke oder Werbung in unlauterer Weise ist ebenso wie die Kommerzialisierung des ärztlichen Berufs durch berufswidrige, vor allem eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung zu meiden.  Kommunikation mit Dritten  Bei der Kommunikation mit Dritten sind die Ärztliche Schweigepflicht und auch der Datenschutz zwingend zu beachten. So dürfen Ärzte Informationen über einen Patienten im Wesentlichen nur aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Rechtfertigung oder mit Einwilligung des Patienten an Dritte weitergeben.  Ärzte sollten sich mit ihren Informationspflichten vertraut­ machen. Damit vertrauliche Informationen nicht versehentlich in die Hände Dritter geraten, sind technische und organisatorische Maßnahmen einzuhalten. Die Kommunikation mit den Patienten oder Kollegen mittels unverschlüsselter E-Mails oder per WhatsApp ist insoweit doch recht bedenklich. Dies gilt auch, wenn Ärzte externe Dienstleister einbinden. Vertraglich sind Zuständigkeiten, Inhalte und Sorgfaltspflichten klar zu regeln.  Fazit  Kommunikation und die richtige Dosis an Informationen sind wichtig für den Praxiserfolg. Technische Hilfen können Ärzte hierbei (nur) unterstützen, wenn sie durchdacht eingesetzt werden. Bei der Umsetzung sollten sie rechtliche Vorgaben berücksichtigen und nicht blind auf die Angebote der Hersteller vertrauen.     Bild Copyright: iStockphoto / MicroStockHub, iStockphoto / Vaniatos   Autor:           Dr. jur. Andreas Stauferinfo@fasp.de               aus connexi  9-2019 DIABETES und ADIPOSITASJahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Berlin, Mai 2019Konferenz der EASD in Barcelona, September 2019Kongressberichte       Titelbild Copyright: Science Photo Library / Alfred Pasieka, Shutterstock / Maria Averburg Gestaltung: Jens Vogelsang    
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