Virusnachweis
Anja Lamprecht
Labordiagnostik bei SARS-CoV-2-Infektionen von Martin Roskos, Gera, Caroline Pfeifer, Hamburg und Winfried März, Mannheim Das Severe acute respiratory syndrome-related coronavirus-2 (SARS-CoV-2) gilt als Auslöser der Atemwegserkrankung COVID-19, die sich seit ihrem ersten Ausbruch Ende 2019 in der chinesischen Stadt Wuhan zu einer weltweiten Pandemie entwickelt hat [1]. Die frühzeitige und genaue Diagnose einer SARS-CoV-2-Infektion ist unerlässlich, um die Pandemie einzudämmen.Diagnostik von SARS-CoV-2PCR-TechnikUnter den derzeitigen Diagnosemethoden ist die PCR-Technik die sensitivste Methode für einen direkten Virusnachweis bei Patienten, welche mit SARS-CoV-2 infiziert sind [2]. In der Regel erfolgt die Probenentnahme durch einen Nasen-Rachen-Abstrich (Nasopharynx-Abstrich) aus dem oberen Respirationstrakt [3] oder durch einen Rachenabstrich (Oropharynx-Abstrich), welcher eine vergleichbare [4], beziehungsweise etwas niedrigere klinisch-diagnostische Sensitivität aufweisen kann [5]. Darüber hinaus wird zurzeit die Verwendung anderer Probenmaterialien wie Rachenspülwasser oder Gurgelwasser sowie Speichel geprüft. Bei Proben eines beidseitigen Nasenabstrichs konnte eine Sensitivität von 94–96 % nachgewiesen werden [6]. Speichelproben wird hingegen in einigen Studien eine geringere Sensitivität [7-12] und in anderen Studien eine vergleichbare bzw. höhere Sensitivität bei der PCR-Diagnostik zugeschrieben [13, 14]. Für Proben aus Rachenspülwasser wird eine vergleichbare Sensitivität mit nasopharyngealen Abstrichen diskutiert, jedoch liegen dazu nur wenige Veröffentlichungen vor [15-17]. Darüber hinaus gibt es Modellprojekte, die Proben unterschiedlicher Testpersonen zu bündeln. Das Gurgelwasser mehrerer Testpersonen wird dabei vereint und anschließend als eine Probe in einem PCR-Testverfahren ausgewertet. Sollte sich durch einen Nachweis von viraler RNA ein Verdacht auf eine Infektion zeigen, müssen alle Testpersonen anschließend einzeln erneut getestet werden. Mithilfe solcher Pool-Tests können Kapazitäten geschont, Zeit eingespart und sogenannte Superspreader, also Personen mit hohen Viruslasten, innerhalb einer Gruppe identifiziert werden. Je nach PCR-Nachweissystem und darin verwendeter Sonden und Zielgene können sich die Methoden in ihrer analytischen Spezifität und Sensitivität unterscheiden [18]. Zu den Zielgenen zählen neben dem viralen Envelope (E) und dem RNA-dependent RNA-polymerase (RdRp)-Gen auch die N1/N2-Region des Nukleokapsids [19]. Es ist dabei zu beachten, dass die SARS-CoV-2-Genomkopienzahlen in Proben aus dem oberen Respirationstrakt während des Infektionsverlaufs zum Teil erheblichen Schwankungen unterliegen. Im frühen Infektionsstadium nimmt die Erregerlast zunächst zu, erreicht dann einen Höchstwert um den Tag 4 nach Symptombeginn und nimmt danach wieder ab [3, 20, 21]. Da die PCR-Nachweismethode das Vorhandensein des viralen Genoms in ausreichenden Mengen voraussetzt, ist der Zeitpunkt der Probenentnahme für die Sensitivität des Nachweises von Bedeutung und sollte daher in der akuten Phase der Infektion erfolgen (Abbildung 1). Abbildung 1: Virus- und serologischer Nachweis im Zeitverlauf. Antigen Test In den letzten Monaten sind neben den PCR-Testverfahren mehrere kommerzielle Schnelltestmethoden, sogenannte SARS-CoV-2-Rapid-Antigen-Tests, verfügbar geworden, welche virale Proteine aus respiratorischen Probenmaterialen nachweisen können. Der Nachweis geschieht über spezifische monoklonale Antikörper, die gegen das Nukleokapsid-(N-)Protein und/oder die S1-Domäne des Spike-Proteins auf der Oberfläche von SARS-CoV-2 gerichtet sind. Neben fluoreszenz- oder chemilumineszenzbasierten Testverfahren, für die ein Auslesegerät benötigt wird, sind vorrangig Lateral-Flow-Tests mit einer unmittelbaren visuellen Auswertung in Gebrauch [22]. Da Antigentests im Vergleich zu PCR-Tests kostengünstiger sind und das Testergebnis vor Ort schon nach etwa 15–30 Minuten bekannt ist, können Antigentests in der akuten Phase der Infektion eine sinnvolle Ergänzung zu den PCR-Tests darstellen, wenn eine erste Vorentscheidung über eine mögliche Infektion getroffen werden soll. Jedoch müssen positive Antigen-Testergebnisse anschließend immer durch einen PCR-Test überprüft werden. Die analytische Sensitivität der Antigentests variiert zudem stark in Abhängigkeit der Konzentration der Viruslast innerhalb der zu testenden Probe. So konnte eine Sensitivität zwischen 24,3 % und 50 % für PCR-positive Proben detektiert werden, die in Proben mit einer höheren Viruslast von mehr als 6 log10-RNA-Kopien/ml auf Spitzenwerte zwischen 81,8–100 % anstieg [23-25]. In der frühen Inkubationsphase oder ab der zweiten Woche nach Symptombeginn kann eine niedrige Viruslast bei infizierten Personen vorliegen, weshalb ein negatives Testergebnis eine Infektion mit SARS-CoV-2 in diesen Fällen nicht ausschließen kann. Um die Aussagekraft von Antigen-Schnelltests systematisch und medizinisch fundiert zu analysieren, laufen derzeit Vergleichsstudien, welche die Testergebnisse von Antigentests sowohl bei symptomatischen als auch bei asymptomatischen Personen mit den Testergebnissen von PCR-Tests gegenüberstellen. Das Ziel dieser Studien ist es, zu klären, inwiefern der Einsatz von Antigenschnelltests ein geeignetes Mittel zum Schutz der Mitmenschen und zur Bekämpfung der Pandemie ist. Es gilt dabei herauszufinden, ob die Schnelligkeit der Antigenschnelltests der Genauigkeit von PCR-Tests vorzuziehen ist. Antigentests können infektiöse Personen mit hohen Viruslasten relativ zuverlässig identifizieren, so dass sich positiv getestete Personen, im Gegensatz zu ungetesteten Personen, die das Virus möglicherweise unwissentlich weitergeben, frühzeitig in Quarantäne begeben und zur Eindämmung der Pandemie beitragen. Serologischer Nachweis Neben PCR und Antigentests ist es möglich, auf die Anwesenheit von Antikörpern zu testen. Die vom Körper gebildeten Antikörper richten sich gegen die viralen Strukturproteine S1- und/oder S2-Domäne des Spike-Proteins beziehungsweise gegen das Nukleocapsid-Protein (NCP) von SARS-CoV-2 [26]. Antikörper gegen das NCP werden nur nach einer Infektion und nicht nach einer Impfung gebildet. Antikörper gegen Spike-Protein werden hingegen sowohl nach einer Infektion als auch nach einer Impfung gebildet. Für den indirekten Virusnachweis mittels spezifischer Antikörper gegen SARS-CoV-2 stehen unterschiedliche CE-zertifizierte kommerzielle Testsysteme zur Verfügung: ELISA-basierte Verfahren, immunochromatografische Lateral-Flow-Kassettentests und Immunfluoreszenztests [26]. Dieser serologische Nachweis kann eine durchgemachte SARS-CoV-2 Infektion bestätigen und zur Ermittlung der Seroprävalenz dienen [27]. Der zeitliche Verlauf der Seroprävalenz erlaubt eine Abschätzung der zeitlichen Entwicklung der Durchseuchung innerhalb einer untersuchten Population. In Deutschland hat die Seroprävalenz mit insgesamt 7,8 % im März diesen Jahres ihren bisherigen Höhepunkt erreicht [28]. Je nach Test können Antikörper mit den Immunklassenspezifitäten IgA, IgM und IgG oder auch Kombinationen erkannt werden (Seropositivität). Ab dem siebten Tag nach Symptombeginn treten erste spezifische IgM- oder IgA-Antikörper im Blut auf [29, 30]. Höhere Antikörpertiter sind allerdings erst nach 2–3 Wochen detektierbar. Eine Serokonversion findet demnach bei der Mehrzahl der Patienten erst in der zweiten Woche nach Symptombeginn statt [31], weshalb ein Antikörpernachweis für die Akutdiagnostik nicht empfohlen wird. Der Nachweis von IgG-Antikörpern kann jedoch verwendet werden, um die Epidemiologie der SARS-CoV-2-Infektion besser zu verstehen und um das Ausmaß der humoralen Immunität bei Patienten zu bestimmen. Ab der zweiten Woche nach Symptombeginn kann ein spezifischer Nachweis von NCP-IgG-Antikörpern außerdem bei einem negativen oder nicht durchgeführten PCR-Test einen Verdacht auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 klären. Bisher ist davon auszugehen, dass nach einer erfolgten Serokonversion mit der Bildung von IgG-Antikörpern die Infektiosität beendet ist [27]. Inwieweit ein positiver SARS-CoV-2-IgG-Nachweis auch eine Immunität gegenüber dem SARS-CoV-2-Virus bedeutet und wie lange diese Immunität einen Infektionsschutz bietet, ist noch zu evaluieren. SARS-CoV-2-Virusvarianten Sogenannte besorgniserregende Virusvarianten (variants of concern, VOC) zeichnen sich durch eine Veränderung relevanter Erregereigenschaften im Vergleich zu herkömmlichen Virusvarianten aus. Dazu zählen etwa Unterschiede in der Übertragbarkeit, der Virulenz oder der Suszeptibilität gegenüber einer Immunantwort von genesenen oder geimpften Personen [32]. Mit heutigem Stand (März 2021) sind drei SARS-CoV-2 VOCs durch das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) beschrieben worden, welche sich weltweit in einigen Gebieten mit großer Dynamik ausbreiten: B.1.1.7, B.1.351 und P.1. Alle drei Virusvarianten sind in Deutschland bereits bei infizierten Personen nachgewiesen worden. Die B.1.1.7 Virusvariante hat sich im September 2020 in Großbritannien ausgebreitet und kennzeichnet sich neben einer gesteigerten Übertragbarkeit durch eine höhere Reproduktionszahl, was ihre Eindämmung erschwert. Eine Sonderform dieser Virusvariante besitzt die zusätzliche Mutation E484K, welche auch in den Varianten B.1.351 und P.1 auftritt, wodurch das Virus unempfindlicher gegen bereits gebildete Antikörper ist. Es wird eine geringere Wirksamkeit der derzeit erhältlichen Impfstoffe gegen diese Variante vermutet [32]. Die Variante B.1.1.7 breitet sich aktuell in Europa vermehrt aus und ist in vielen Ländern bereits die am häufigsten detektierte Variante. Mit heutigem Stand (Mitte März) wird B.1.1.7 in 72 % der untersuchten positiven Proben in Deutschland gefunden [36]. Auch für die Virusvariante B.1.351, welche erstmals im Dezember 2020 in Südafrika in Erscheinung getreten ist, wird eine höhere Übertragbarkeit diskutiert. Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen die bereits mit der ursprünglichen SARS-CoV-2-Variante infiziert waren oder einen gegen diese Variante gerichteten Impfstoff erhalten haben, weniger gut vor einer Infektion mit B.1.351 geschützt sind [35]. Bei der P.1-Virusvariante handelt es sich um eine von der B.1.1.28 Linie abstammende SARS-CoV-2-Variante, die erstmals in Brasilien nachgewiesen wurde und für die eine reduzierte Wirksamkeit neutralisierender Antikörper bei Genesenen bzw. Geimpften angenommen wird. Zusätzlich vermutet man auch bei dieser Variante eine erhöhte Übertragbarkeit [32]. Momentan steht eine weitere Virusvariante (B.1.525) unter Beobachtung, welche zunächst in Dänemark und nun auch in Deutschland nachgewiesen werden konnte [33]. ReferenzenWHO Statement regarding cluster of pneumonia cases in Wuhan, China. Verfügbar unter: https://www.who.int/china/news/detail/09-01-2020-who-statement-regarding-cluster-of-pneumonia-cases-in-wuhan-china [Letzter Zugriff 29.03.2021].Huang C-G, Lee K, Hsiao M et al. Culture-based virus isolation to evaluate potential infectivity of clinical specimens tested for COVID-19. J Clin Microbiol 2020; 58: 1–8.WHO. Laboratory testing for coronavirus disease 2019 (COVID-19) in suspected human cases. Verfügbar unter: https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/ 10665/331329/WHO-COVID-19-laboratory-2020.4-eng.pdf?sequence=1&isAllowed=y [Letzter Zugriff 29.03.2021].Wölfel R, Corman VM, Guggemos W et al. Virological assessment of hospitalized patients with COVID-2019. Nature 2020; 581: 465–9. Wang X, Tan L, Wang X et al. Comparison of nasopharyngeal and oropharyngeal swabs for SARS-CoV-2 detection in 353 patients received tests with both specimens simultaneously. Int J Infect Dis 2020; 94:107–9.Tu Y-P, Jennings R, Hart B et al. 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Caroline Pfeifercarolinepfeifer@gmx.net Univ. Prof. Dr. med. Winfried Märzwinfried.maerz@synlab.com aus connexiplus 1-2021 KARDIORENALE ACHSENephrologie, Diabetologie, Kardiologie, Lipidologie, Biomarker, ErnährungSCHWERPUNKT: COVID-19 TITELBILD Copyright: Science Photo Library / Ktsdesign, Sebastian Kaulitzki. Gestaltung: Jens Vogelsang