Biomarker für Typ-2-Diabetes

Neuer Marker gibt Einblicke in die Entstehung des Typ-2-Diabetes Kleine – wahrscheinlich von Lebensstilfaktoren beeinflussbare – chemische Änderungen der DNA-Bausteine können die Menge des wichtigen Bindungsproteins IGFBP2 vermindern. Ein DIfE/DZD-Forschungsteam hat nun im Fachjournal Diabetes publiziert, dass diese sogenannten epigenetischen Veränderungen das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen. Menschen mit hohen Konzentrationen von IGFBP2 im Blut erkranken zudem seltener an dieser Stoffwechselerkrankung. Die Veränderungen im Blut sind bereits einige Jahre vor Beginn der Krankheit nachweisbar.   „Unsere Ergebnisse könnten künftig dazu beitragen, Risikopotenziale für Typ-2-Diabetes noch früher zu erkennen und der Krankheit präventiv entgegenzuwirken“, sagt Professorin Annette Schürmann, Leiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und Sprecherin des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).     Molekularen Mechanismen auf der Spur   Neben Insulin ist auch IGF-1 (Insulin-like growth factor 1) am Zucker- und Fettstoffwechsel beteiligt. Die Wirkung dieses Wachstumsfaktors wird durch die Bindung an das IGF-bindende Protein 2 (IGFBP2) abgeschwächt. Das Forschungsteam ging deshalb der Frage nach, wie die verminderte Wirkung des IGFBP2-Gens die Entwicklung von Typ-2-Diabetes beeinflussen könnte. Humanstudien zeigen, dass Menschen, die an einer Fettleber leiden, weniger IGFBP2 produzieren und freisetzen. Ähnliche Effekte beobachtete das Team von Schürmann in früheren Mausversuchen, die zeigten, dass die IGFBP2-Spiegel bereits vor der Lebererkrankung vermindert sind. Ursächlich dafür ist die Übertragung von Methylgruppen an bestimmten Stellen der IGFBP2-DNA-Sequenz, die das Gen in der Leber hemmten. Diese epigenetischen Veränderungen kommen unter anderem durch den Lebenswandel zustande. Auch in Blutzellen übergewichtiger Menschen mit einer gestörten Glucosetoleranz wurden derartige Modifikationen der DNA im IGFBP2-Gen bereits nachgewiesen.     Von Mäusen und Menschen   Das interdisziplinäre Forschungsteam um Schürmann und Schulze nutzte Erkenntnisse aus Klinik und Labor für die Auswertung von Blutproben und Daten aus der Potsdamer EPIC-Studie. „Diese Arbeit zeigt sehr schön, wie translationale Forschung funktioniert: Ein Befund aus der Klinik wird aufgegriffen, im Labor mechanistisch analysiert und schließlich in einer bevölkerungsweiten Studie untersucht“, sagt Schürmann. Die aktuellen Analysen der Forscher weisen darauf hin, dass die Hemmung des IGFBP2-Gens Typ-2-Diabetes begünstigt. Zudem beobachtete das Wissenschaftlerteam, dass schlankere Studienteilnehmer und Studienteilnehmer mit geringeren Leberfettanteilen höhere Konzentrationen des schützenden Bindungsproteins im Blut haben. Höhere Plasmakonzentrationen von IGFBP2 waren mit einem geringeren Risiko verbunden, in den Folgejahren an Typ-2-Diabetes zu erkranken. „Mit unserer Studie erhärtet sich die Annahme, dass der IGF-1-Signalweg auch beim Menschen eine wichtige Rolle für die Entstehung von Typ-2-Diabetes spielt“, ergänzt Dr. Clemens Wittenbecher, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie am DIfE und Erstautor der Studie.     HINTERGRUNDINFORMATION Epigenetik Die Epigenetik ist ein relativ junges Forschungsgebiet. Es untersucht veränderte Gen-Funktionen, die nicht auf eine Änderung der DNA-Sequenz zurückzuführen sind, aber dennoch vererbt werden können. Studien der letzten Zeit weisen verstärkt darauf hin, dass auch die Ernährung als Umweltfaktor den Aktivitätszustand von Genen nachhaltig beeinflussen kann, z. B. durch chemische (epigenetische) Veränderungen der DNA-Bausteine. Hierzu zählen auch Methylierungen. Diese entstehen, wenn Methylgruppen an die DNA binden. Diese kann die Aktivierung der Gene entweder erschweren oder erleichtern. Die direkte Methylierung der DNA verändert dann dauerhaft die Genexpression, wenn sie in Steuerbereichen von Genen erfolgt (sogenannten CpG-Inseln), die durch die Modifikation der Histone zugänglich gemacht wurden.   EPIC-Potsdam-Studie Die European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Potsdam-Studie ist eine prospektive Kohortenstudie. Zwischen 1994 und 1998 wurden 27.548 Frauen und Männer zwischen 35 und 65 Jahren rekrutiert. Sie haben Fragebögen zu ihren Ernährungsgewohnheiten, ihrem Lebensstil sowie ihrem gesundheitlichen Status ausgefüllt. Diese Befragung wurde ca. alle drei Jahre wiederholt. Die EPIC-Potsdam-Studie ist Teil einer der größten Langzeitstudien weltweit mit insgesamt ca. 521.000 Studienteilnehmern aus zehn europäischen Ländern. Ziel ist, den Einfluss der Ernährung auf die Entstehung von Krebs und anderen chronischen Erkrankungen zu erforschen.       Referenz Wittenbecher C, Ouni M, Kuxhaus O, Jähnert, M, Gottmann P, Teichmann, A, Meidtner, K, Kriebel, J, Grallert, H, Pischon, T, Boeing, H, Schulze, MB, Schürmann, A. Insulin-like growth factor binding protein 2 (IGFBP-2) and the risk of developing type 2 diabetes. Diabetes 2018 (https://doi.org/10.2337/db18-0620)   Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), Pressemitteilung vom 5. November 2018     Bild Copyright: Till Budde/DIfE     Lesen Sie diesen und weitere spannende Beiträge in unserer Online-Ausgabe.               aus connexi  4-2019 DIABETES und ADIPOSITAS DDG Herbsttagung 2018, DAG Jahrestagung 2018 Kongressberichte       Titelbild Copyright: mauritius images / Science Source / Don W. Fawcett; Adobe Stock® Olga Moonlight; Adobe Stock® nikolamirejovska; Senseonics. Gestaltung: Jens Vogelsang    
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