Kardiale Biomarker

Troponinbestimmung bei Hämodialyse-Patienten von Ferruh Artunc, Tübingen     Kaum ein anderer Laborparameter ist so elektrisierend wie das Troponin und kaum ein anderer Laborparameter ist bei Hämodialyse (HD)-Patienten so schwierig zu interpretieren wie das Troponin. Gerade geringfügige Erhöhungen der Plasmakonzentration der kardialen Troponine, wie sie häufig bei HD-Patienten angetroffen werden können, bereiten bisweilen große Schwierigkeiten bei der Interpretation. Durch die Entwicklung der hochsensitiven Troponinbestimmung ist der Anteil der HD-Patienten mit geringfügiger Erhöhung der Troponinkonzentration weiter angestiegen. Über den Stellenwert und die Interpretation einer geringfügigen Erhöhung der Troponinkonzentration bei HD-Patienten referierte Prof. Ferruh Artunc in seinem Vortrag mit dem Titel „Troponinbestimmung bei HD-Patienten“ auf dem Berliner Dialyse-Seminar 2018.   Die Erhöhung der Plasmakonzentration der kardialen Troponine I bzw. T über die 99. Perzentile spiegelt eine kardiale Schädigung jeglicher Ursache wider, sei sie ischämischer, hämodynamischer, entzündlicher oder anderer Genese. In der 2018 veröffentlichten 4. Universellen Definition eines Myokardinfarkts (UDMI) definiert jede Troponinerhöhung den neu eingeführten Überbegriff der myokardialen Schädigung (myocardial injury) [1]. Im Falle einer ischämischen Genese entspricht die myokardiale Schädigung einem Myokardinfarkt und findet sich im Kontext von Ischämie-Symptomen wie Brustschmerz, EKG-Veränderungen, Kontraktilitätsverlust oder angiographischen Nachweis eines koronaren Thrombus. Andererseits gibt es auch vielfältige nichtischämische Ursachen für eine myokardiale Schädigung mit Troponinerhöhung wie eine Hypoxämie, Anämie, Schock, Herzinsuffizienz, Arrhythmien oder gerade die chronische Nierenerkrankung (Abbildung 1). Während eine akute Myokardschädigung durch einen Anstieg und Abfall der Plasma-Troponin-Konzentration charakterisiert ist, wird der Befund einer geringfügigen Troponinerhöhung ohne wesentliche Dynamik gemäß der 4. UDMI als chronische Myokardschädigung (chronic myocardial injury) gewertet [1]. Dies wird bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung wie bei Kardiomyopathie hypertensiver oder ischämischer Genese oder Herzinsuffizienz angetroffen und auch bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD).   Bedeutung der geringfügigen Troponinerhöhung bei CKD   Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass eine geringfügige Troponinerhöhung bei CKD- und insbesondere bei HD-Patienten auf eine renale Retention zurückzuführen sei, zeigt der Troponin­nachweis über der 99. Perzentile primär eine pathologische Freisetzung aus dem erkrankten Myokard im Sinne einer myokardialen Schädigung an. Eine renale Retention trifft allenfalls in geringem Maß für das Troponin T zu, jedoch nicht für das Troponin I [2]. Die geringfügige Troponinerhöhung bei CKD spiegelt die kardiale Belastung und Schädigung dieser Patienten durch typische renale Folgeerkrankungen wie Hypertonie, Hypervolämie, Anämie oder Gefäßkalzifikation etc. wider. Die Höhe der Troponinkonzentration korreliert dabei mit dem Ausmaß der kardialen Dysfunktion und den strukturellen Veränderungen wie Hypertrophie [2]. Diese Veränderungen bilden ein Kontinuum im CKD-Verlauf, und eine geringfügige Troponinerhöhung kann schon bei Patienten mit nicht dialysepflichtiger Niereninsuffizienz beobachtet werden, was mit einer erhöhten Mortalität im Langzeitverlauf einhergeht [3]. Im Vergleich zu anderen Biomarkern sind die kardialen Troponine die stärksten Prädiktoren einer erhöhten Mortalität und eignen sich zur Identifikation von Risikopatienten (Abbildung 2) [4].   Hochsensitive Troponinbestimmung   Die hochsensitive Bestimmung ermöglicht den Nachweis der kardialen Troponine T und I weit unter der 99. Perzentile und liefert präzise Werte selbst bei gesunden Personen. Zudem weist die Bestimmung eine Geschlechterabhängigkeit mit höheren Werten bei männlichen Personen auf, so dass die mit einem hochsensitiven Assay gemessenen Troponinkonzentrationen anhand geschlechtsspezifischer Werte für die 99. Perzentile interpretiert werden sollten [5]. Die hochsensitive Troponinbestimmung liefert auch bei HD-Patienten valide Ergebnisse und weist die geschlechtsabhängigen Unterschiede auf [2, 6].   Die hochsensitive Troponinbestimmung geht mit einer verbesserten Sensitivität für den akuten Troponinanstieg bei akutem Myokardinfarkt einher. Bei CKD-Patienten geht dies jedoch zu Lasten einer reduzierten Spezifität aufgrund des hohen Anteils der Patienten mit einer geringfügigen Troponin­erhöhung im asymptomatischen Stadium [7]. Daher ist zur sicheren Infarktdiagnostik bei HD-Patienten unbedingt eine Wiederholungsbestimmung nach wenigen Stunden erforderlich, um einen Anstieg von einer chronischen Erhöhung zu unterscheiden [1].   Fazit   Der Nachweis einer Erhöhung der Plasmakonzentration der kardialen Troponine I oder T über die 99. Perzentile kennzeichnet eine myokardiale Schädigung, die diagnostisch weiter eingeordnet werden muss und im Kontext ischämischer Symptome dringend auf einen Myokardinfarkt hinweist. Die hochsensitive Troponinbestimmung liefert auch für CKD- und HD-Patienten valide Ergebnisse und eignet sich zur Risikostratifizierung.         Referenzen Thygesen K, Alpert JS, Jaffe AS et al. Fourth universal definition of myocardial infarction (2018). Eur Heart J 2019; 40(3): 237–69. Artunc F, Mueller C, Breidthardt T et al. Sensitive troponins--which suits better for hemodialysis patients? Associated factors and prediction of mortality. PloS one 2012; 7: e47610. Michos ED, Wilson LM, Yeh H et al. Prognostic value of cardiac troponin in patients with chronic kidney disease without suspected acute coronary syndrome: A systematic review and meta-analysis. Annals of Internal Medicine 2014; 161: 491–501. Artunc F, Nowak A, Muller C et al. Mortality prediction using modern peptide biomarkers in hemodialysis patients--a comparative analysis. Kidney Blood Press Res 2014; 39: 563–72. Garg P, Morris P, Fazlanie AL et al. Cardiac biomarkers of acute coronary syndrome: from history to high-sensitivity cardiac troponin. Internal and emergency medicine 2017; 12: 147–55. Artunc F, Haag S, Friedrich B et al. Performance of a novel high sensitivity cardiac troponin I assay in asymptomatic hemodialysis patients. Clin Chem Lab Med 2019, in press. Gunsolus I, Sandoval Y, Smith SW et al. Renal dysfunction influences the diagnostic and prognostic performance of high-sensitivity cardiac troponin I. JASN 2018; 29: 636–43.       Bild Copyright: Shutterstock® Jarun Ontakrai     Autor:           Prof. Dr. med. Ferruh Artunc ferruh.artunc@med.uni-tuebingen.de                   aus connexi  2-2019 NEPHROLOGIE, HYPERTENSIOLOGIE, DIALYSE, TRANSPLANATION DDfN 2018, DTG 2018, DHL 2018, Berliner Dialyse-Seminar 2018 Kongressberichte       Titelbild Copyright: Science Photo Library / L. Basset / Visual Unlimited, Fotolia® Janis Smits Gestaltung: Jens Vogelsang          
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